Mein letzter Ausflug ins Genre Fantasy war eher mäßig erfolgreich. Aber natürlich ist Fantasy nicht gleich Fantasy und ich habe mit dem letzten Buch einfach nicht das Passende für mich gewählt, anspruchslos und kitschig ist ganz genreunabhängig nicht mein Fall. Da ich aber zum Beispiel Bücher wie Ted Williams „Die dunklen Gassen des Himmels“ sehr mochte, war mir klar: irgendwann kommt wieder das richtige Thema für mich vorbei.
Als mir dann der Klett-Cotta Verlag die Neuerscheinung „Das Lied des Blutes“ anbot, habe ich kurzerhand das Experiment gewagt und mich mal in ein ganz neues Fantasy-Eck begeben.
Rabenschatten 1
775 Seiten
ISBN: 978-3-608-93925-5
Vaelin Al Sorna, der Hoffnungstöter, ist auf dem Weg zu einem letzten Kampf. Der einst größte Kämpfer des Reiches muss ein Duell bestreiten, das über sein Überleben entscheidet. Zwar wurde er ob seiner Kriegsvergehen begnadigt, doch soll er nun die Schuld seines Vaters sühnen. Auf dem Weg zu diesem Duell erzählt Vaelin Al Sorna dem jungen Geschichtenschreiber Lord Vernier seine Lebensgeschichte. So erfahren wir, wie aus dem Jungen Vaelin ein Bruder des sechsten Ordens wurde. Wie er kämpfte und tötete, mal Retter und mal Mörder war und zu seinen unzähligen Namen kam: „›Schwert des Königs‹ hieß er für den wahnsinnigen Herrscher, der ihn als Geißel zu uns sandte; ›Junger Falke‹ für die Männer, die ihm in die Wirrnisse des Krieges folgten; ›Dunkelklinge‹ für seine cumbraelischen Feinde und ›Rabenschatten‹ für die geheimnisvollen Stämme des großen Nordwaldes.“
Für mich als Fantasy-Neuling war der Einstieg in das Buch wunderbar einfach, da sich die Geschichte wie ein klassischer Abenteuerroman entwickelt. Der erfahrene und erschöpfte Krieger erzählt dem unbedarften Geschichtenschreiber von seinem Leben. Und da diese Erzählungen in der Kindheit Vaelins beginnen, konnte auch ich als Leser langsam in diese Welt und ihre Sitten abtauchen. Vaelin wird als Junge von seinem Vater dem sechsten Orden übergeben und soll dort zum Krieger ausgebildet werden. Die Passagen im Ordenshaus, mit den vielen Trainingsstunden in Schwertkampf und Bogenschießen, aber auch mit der toll beschriebenen Gemeinschaft der Jungen, haben mich ein wenig an Harry Potter erinnert. Natürlich liegt thematisch alles ganz anders, aber auch hier beobachtet man die Entwicklung der Charaktere und ihre Freundschaften von Kindesbeinen an und beginnt recht schnell sie ins Herz zu schließen. Gerade der Charakter Vaelins ist dabei so sympathisch und irgendwie tatsächlich heldenhaft, dass man ihm gern weiter folgen möchte. Wie dies dazu passt, dass er sich in den späteren Entwicklungen dann Namen wie „Hoffnungstöter“ verdient, war mir anfangs ein Rätsel. Aber auch dieses Rätsel löst sich recht schnell.
Denn die zu Beginn nur spannende und interessante Abenteuergeschichte entwickelt sich zunehmend zu einem recht brutalen Epos und auch die kriegerischen Elemente und Intrigen nehmen immer mehr zu. Diese Abschnitte waren es dann leider auch, die meine anfängliche Begeisterung dämpften. Zwar ist es noch interessant zu verfolgen wie Vaelin vom sanftmütigen Jungen immer mehr zum Krieger wird, aber die Schlachten und das Intrigenspiel, was sich daran anschließt, war für mich nicht mehr so fesselnd. Mich persönlich begeistern diese Kriege und Verwicklungen weit weniger, als die kleinen persönlichen Abenteuer der Helden eines Buches. Der anfängliche Lesesog wurde also zwischendurch ziemlich gebremst.
Vielleicht hätte ich irgendwann das Buch auch ganz zur Seite gelegt, hätte dann nicht langsam der mystische Teil der Handlung eingesetzt. Was das titelgebende „Lied des Blutes“ ist oder warum Vaelin der Rabenschatten genannt wird, möchte ich natürlich nun nicht verraten, diese Abschnitte haben mir aber wieder sehr viel Spaß gemacht.
Der Autor schafft es ganz wunderbar eine eigene Welt voll mit Mythen und Legenden, Geheimnissen und Geschichten zu kreieren, die am Ende toll verwoben ein großes Ganzes ergeben. Dem kommt die besondere Erzählweise des Buches zu Gute. Die vielen Rückblenden in Vaelins Leben werden durch kurze Einschübe über die Geschichte der Königslande oder Sagen des Nordlandes aufgelockert. Dabei ist kein Teil nur bloßes Beiwerk, alle Abschnitte haben später auf die eine oder andere Weise Einfluss auf die Haupthandlung.
Der Autor schafft es ganz wunderbar eine eigene Welt voll mit Mythen und Legenden, Geheimnissen und Geschichten zu kreieren, die am Ende toll verwoben ein großes Ganzes ergeben. Dem kommt die besondere Erzählweise des Buches zu Gute. Die vielen Rückblenden in Vaelins Leben werden durch kurze Einschübe über die Geschichte der Königslande oder Sagen des Nordlandes aufgelockert. Dabei ist kein Teil nur bloßes Beiwerk, alle Abschnitte haben später auf die eine oder andere Weise Einfluss auf die Haupthandlung.
Insgesamt hat mich das Buch überzeugt. Dass es mich als doch sehr skeptischen Fantasy-Leser so lange fesseln konnte, will schon viel heißen. Der Erzählstil war derart flüssig aber auch authentisch „mittelalterlich“, dass das ganze Buch eine wunderbare Atmosphäre versprüht hat. Die Beschreibungen waren durchgehend detailliert genug, um ein gutes Bild von Vaelins Welt zu vermitteln, aber Gott sei Dank nicht zu ausladend. Wären die kriegerischen Abschnitte nicht so umfangreich und für mich leider doch ziemlich ermüdend gewesen, hätte es das Zeug zu „richtig guter Fantasy“ gehabt. Durch diese doch recht langwierigen und für mich wenig spannenden Abschnitte, wurde die Begeisterung etwas gedämpft. Trotzdem ist es immer noch „ziemlich gute Fantasy“ und bekommt 4 von 5 Fantasy-Leseratten.
P.S. Ganz normal und nüchtern betrachtet, hätte es eine Ratte weniger sein können. Da es aber ungewöhnlich ist, dass mich ein Buch dieses Genres überhaupt so sehr mitreißt, gibt es eine Bonusratte. Durch „Das Lied des Blutes“ hatte ich seit langem mal wieder richtig Spaß an diesem Genre.
Das Buch in einem Tweet:
I like big books and I cannot lie... 😂 Mein Fantasy-Experiment in XXL. Danke an @KlettCottaTweet Al pic.twitter.com/fS674zX7Sg
— Read Pack (@ReadPackBlog) 2. September 2014
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