Es gibt Rezensionen, die mir wirklich schwer fallen. Weil es zu viel oder zu wenig über ein Buch zu sagen gibt zum Beispiel. Manchmal aber, wie bei „Die Wahrheit über Ivy“, liegt es auch am Thema des Buches, dass mir wahrhaftig die Sprache verschlägt.
192 Seiten
7,99 € (Taschenbuch)
Alles in Davids Familie dreht sich um Ivy. Seine kleine Schwester ist an „infantiler Zerebralparese“ erkrankt. Dieser frühkindliche Hirnschaden hat bei Ivy zur Folge, dass das Mädchen kaum sprechen kann und motorisch stark eingeschränkt ist. Das Leben mit Ivy bringt viele Tiefs aber auch immer wieder Freude für David mit sich. Ein Leben ohne Ivy ist für den Jungen trotz aller Schwierigkeiten kaum vorstellbar. Eines Tages passiert dann das Tragische: als sein Vater mit Ivy in einem See badet, erleidet Ivy einen Krampfanfall und stirbt.
Das Buch ist aus Davids Sicht erzählt und die Autorin hat für mich damit genau die richtige Perspektive gewählt, denn Davids Erlebnisse wirken schlicht und ergreifend authentisch. Das Thema ist schwierig und die aufgeworfenen Fragestellungen und Überlegungen sind zum Teil hart. Ein belehrender oder moralisierender Erzähler hätte da (für mich) die falsche Botschaft transportiert. So aber wirkte das ganze Buch ehrlich und berührend.
Ich kann mir die Situation, die Davids Familie erlebt, kaum vorstellen. Es ist einfach unheimlich schwierig sich in derartige Lebensumstände herein zu versetzen. Der Autorin ist es in diesem Buch dennoch sehr gut gelungen, dass man eine Beziehung zu allen Figuren aufbauen kann und dadurch anfängt eine Ahnung davon zu bekommen, wie sich Menschen in einer solchen Situation fühlen: zwischen Liebe und Angst, Überforderung und Hingabe. Trotz aller Liebe zu seiner Schwester kommen nämlich bei David auch immer wieder Frustration und Wut über die Situation der Familie auf.
Neben der berührenden Handlung zu Beginn des Buches bringt die Situation rund um Ivys Tod dann eine ganze Menge harter Fragestellungen und Überlegungen mit sich, die mich bis jetzt sehr beschäftigen. Das Buch endet für mich in dieser Hinsicht dann auch zu abrupt. Das soll vermutlich so sein und dem Leser die Möglichkeit geben, für sich gedanklich die möglichen Alternativen durchzuspielen. Ich fühlte mich irgendwie grausam aus der Geschichte gerissen und mir fehlte die Möglichkeit, mit dieser Handlung abzuschließen.
Insgesamt vergebe ich 4 von 5 Leseratten für ein tolles Jugendbuch, das mich sehr beschäftigt und berührt hat, aber durch die sympathischen Figuren auch gut unterhalten hat. Ein weniger abruptes Ende hätte das Ganze noch etwas besser abrunden können.
P.S. Ich habe bewusst versucht Formulierungen wie „Ivy leidet unter“ oder „das Problem der Familie“ zu vermeiden. Ich bin der festen Überzeugung, dass diese Art von Formulierungen (genau wie zum Beispiel „an den Rollstuhl gefesselt“) einfach ein falsches Bild transportieren. Trotzdem finde ich es schwierig für die beschriebene Situation im Buch die richtigen Worte zu finden. Ich hoffe es ist mir annähernd gelungen.
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